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Verden kalder, Die Welt ruft, The World is Calling

Jakob und Rieke auf Weltenreise

Medellin...

…die zweit größte Stadt Kolumbiens war vor nicht allzu langer Zeit einer der gefährlichsten Städte der Welt. Mit gemischten Gefühlen (da es mitten in der Nacht ist und wir die Stadt nicht kennen) steigen wir um zwei Uhr nachts am Busbahnhof in Medellin aus und nehmen ein Taxi zu unserer Übernachtungsstelle, die nicht so weit entfernt ist und schon besorgt auf uns wartet. Der Bus hatte leider Verspätung durch Baustellen in den Vorstädten Medellins. Das haben wir natürlich nicht mit in unsere Ankunftszeit berechnet. Müde fallen wir alle drei ins Bett und schlafen aus.

Am ersten Tag erforschen wir die Innenstadt. Hier wimmelt es von gefälschten Markenklamotten und Straßenhändlern mit vielen verschiedenen Früchten, Schmuck und so viel mehr, die uns natürlich alle etwas verkaufen möchten und wir im Laufe des Tages oft: „No, gracias“ sagen müssen. Plötzlich fängt der Himmel an dunkel zu werden und es dauert nicht lange, bis es wie aus Eimern regnet. Wir sind natürlich nicht vorbereitet, da wir im strahlenden Sonnenschein vor die Tür gegangen sind und Freya und Paula kaufen sich einen Regenschirm. Ich sitze den Regen aus, weil ich später nicht noch einen Gegenstand in meinen schweren Wanderrucksack haben möchte und mich der Regen noch nicht doll genug stört.

Die Free Walking Tour in Medellin ist sehr beliebt und wir melden uns über das Internet einen Tag vorher an. Die Zeit fliegt wie immer und wir kommen zehn Minuten zu spät zu der vereinbarten Stelle an. Wir haben Angst die Tour verpasst zu haben, aber zum Glück tragen die Guides immer einen auffällig farbigen Regenschirm und ich spotte eine Dame mit einem roten Regenschirm in der Hand. Sie führt uns jedoch zu einer anderen Gruppe, wo die Erklärungen auf Englisch sind. Die Tour ist sehr auf die gewaltvolle Vergangenheit basiert und der Guide rattert seine auswendig gelernten Worte elegant runter, aber er hat auch einen sehr guten Überblick über die Geschichte der Stadt und beantwortet alle Fragen gründlich und scheint selber sehr an Geschichte interessiert zu sein.

Die Linken und die Rechten hatten damals große Uneinigkeiten (wie so oft) und obendrauf besaß die Stadt damals auch noch ein machtvollen Drogenboss, der seine Finger überall hatte und die unstabile Lage schlau ausnutzten konnte. Die Medien drehen sich in dieser grausamen Zeit auch noch die Ereignisse so hin, wie sie es wollen und die Bevölkerung verliert immer mehr das Vertrauen an die Regierung und an was sie überhaupt mehr glauben sollen. Eine schreckliche Zeit, in der nichts sicher erscheint und Straßenschiessereien in gewissen Teilen der Stadt Alltag sind. Das Verrückte ist, dass einige der Menschen, die wir in der Stadt treffen, tatsächlich in dieser Zeit gelebt haben und diese Ereignisse durchlebt haben! Der Guide erzählt wie die Leute sich an jedes noch so kleines positives Ereignis festgehalten haben, um zu überleben und dadurch die Hoffnung an ein besseres zu Hause nicht aufzugeben zu müssen.

Nach der kleinen geschichtlichen Runde entscheiden wir uns dafür zur nächsten Metrostation zu gehen und kreuzen versehentlich ein Rotlichtviertel, wo halbnackte Frauen im Türrahmen stehen. Mir tut das Herz weh bei dem Gedanken, dass sie jemanden gehören und sie keine Wahl haben. Mit einem Kribbeln im Bauch vermittle ich den anderen unauffällig ein wenig schneller zu gehen, da wir schon mit intensiven Blicken begafft werden. Endlich sehen wir die Metrostation, aber werden Augenzeugen, wie die Polizei eine ganze Straße absperrt und sich eine Menschenmasse sammelt. Wir wundern uns und Paulas Blick trifft einen Leichnam. Puh… schnell steigen wir in die Metro und fahren in Richtung Communa 13, welches vor ein paar Jahren noch eines der gefährlichsten Viertel Medellins war. Nun ist es ein Zentrum für Street Art geworden, um die Kriminalität zu senken. Außerdem hat die Stadt eine Rolltreppe finanziert und dort platziert, um dem ganzen ein wenig Charme zu geben und den Leuten etwas zu schenken auf das sie aufpassen müssen und die Aufmerksamkeit nicht mehr auf Gewalt, sondern Achtsamkeit liegt. Ganz so einfach ist es natürlich nicht, aber ganz genau wie sich die Lage dort entschärft hat, weiß ich nicht. Man sollte auch nicht von den „Street Art Straßen“ abkommen, weil man schnell in eine für Touristen gefährliche Gegend kommen könnte. Bevor die Dunkelheit einbricht, nehmen wir die Metro zurück zum Hostel, wo wir uns ein leckeres Abendessen kochen und die Erlebnisse des Tages verarbeiten.

Die Metro ist den Leuten hier sehr heilig, da es viel Kraft gekostet hat dieses Projekt auf die Beine zu stellen und viel Geld gekostet hat. Man darf zum Beispiel nicht Trinken oder Essen in der Bahn und alles ist super sauber, da viele sehr stolz auf diesen Fortschritt der Stadt sind und die Metro als ein neues gewaltloses Kapitel ansehen. Sehr beeindruckend.

Am letzten Tag in Medellin fahren wir in ein zwei Stunden entferntes Dorf, Guatapé. Ein buntes Dorf umrundet von Flüssen und Seen (und Touristen). Wir wandern auch noch einen in dem Himmel ragenden Felsbrocken hoch. 700 Treppen! Außer Atem aber glücklich machen wir ein paar schöne Bilder und genießen den gigantischen Ausblick.

Zurück in Medellin kaufen wir noch schnell ein und ich schaufle mir schnell mein Abendessen in mich herein, weil wir einen Nachtbus nach Cartagena nehmen wollen und schon sehr spät dran sind. Auf die Sekunde genau schaffen wir den Bus und sitzen erleichtert in unseren Sitzen.

 

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